Allgemein-, Viszeral- und Minimalinvasive Chirurgie

am Standort Karolinen-Hospital

Ralf Czymek, MBA
Chefarzt
Prof. Dr. med. Ralf Czymek, MBA

Refluxerkrankung

Minimalinvasive Operationen sind eine gute Alternative zur lebenslangen medikamentösen Behandlung und manchmal die 
einzige Möglichkeit der Therapie.

Symptome der Refluxkrankheit sind vielfältig

Ein gelegentlicher und geringer Reflux von Magen-oder Darmflüssigkeit ist normal und nicht behandlungsbedürftig. Sodbrennen kennt jeder und Sodbrennen kann gelegentlich, vor allem nach reichlichem Essen und Trinken, vorkommen. Mit etwas Wasser oder in schwereren Fällen Natron aus der Apotheke kann dem Schmerz in der Speiseröhre meist wirksam begegnet werden.

Anders ist es bei einer Refluxkrankheit. Hier treten die Symptome häufiger oder dauernd auf und die Symptome beschränken sich eben nicht nur auf das Sodbrennen (Schmerzen im Brustkorb). Ständiges saures Aufstoßen von Magensaft kann zu chronischem Husten und Asthma führen und auch ein „Verschlucken“ an Magensaft, also Eindringen in die Luftröhre und die Lunge verursachen. Auch chronische Entzündungen der Nasennebenhöhlen können sich durch die ständige Reizung des Magensaftes im Nasen-Rachen-Raum entwickeln und bei sehr lang andauerndem Reflux kann auch ein Speiseröhrenkrebs entstehen.

Die Gabe von Protonenpumpenhemmern ist die Standardtherapie

Wenn die Diagnose einer Refluxkrankheit einmal gestellt ist, muss das geeignete Behandlungsverfahren ausgewählt werden. Da die Flüssigkeit aus dem Magen (saurer Reflux) oder aus dem Dünndarm (galliger Reflux) in die Speiseröhre und bis in den Mund laufen kann ist es zuerst wichtig, die Schwerkraft so wirken zu lassen, dass ein Aufsteigen der Flüssigkeit möglichst vermieden wird. Dabei hilft eine aufrechte Haltung, die durch Liegen mit erhöhtem Oberkörper fortgesetzt werden soll. Auch eine Gewichtsabnahme ist sinnvoll, da die Körpersäfte nicht mehr so häufig nach „oben“ gedrückt werden. Auf Rauchen sollte verzichtet werden. Scharfe Speisen regen die Magensäurebildung an, also ist ein Verzicht auf scharfe Gewürze ratsam.

Begleitet werden diese Maßnahmen durch die Einnahme von säurehemmenden Medikamenten. Heute werden in der Regel Protonenpumpenhemmer gegeben, diese senken die Magensäureproduktion auf deutlich unter 10 % der normalen Menge, sind also ausgesprochen effektiv bei saurem Reflux. Diese Medikamente werden in der Regel lebenslang eingenommen um das erneute Auftreten der Beschwerden zu verhindern.  Bei einem Reflux, der mit großen Flüssigkeitsmengen oder dem Aufsteigen von Gallensaft vergesellschaftet ist, kann die alleinige Einnahme von Medikamenten jedoch keinen Erfolg haben. In diesen Fällen ist die Wiederherstellung des Verschlussmechanismus zwischen Speiseröhre und Magen das einzige Mittel, den Reflux dauerhaft zu unterbinden.

Die Einnahme von Protonenpumpenhemmern wird meist als nebenwirkungsfrei beschrieben, das kann nach den Ergebnissen der eingehenderen Untersuchungen zu den Nebenwirkungen leider nicht bestätigt werden. Durch die Absenkung der Säuremenge im Magen können Keime aus dem Darm aufsteigen und Infektionen hervorrufen, was sich in der erhöhten Zahl an Lungenentzündungen während der Einnahme von Protonenpumpenhemmern wiederspiegelt. Eine bestehende Osteoporose kann sich unter der langfristigen Einnahme dieser Medikamente verschlimmern, hiermit steigt das Risiko für Hüft- und Wirbelfrakturen. Warum das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfall bei gleichzeitiger Einnahme von ASS erhöht ist, ist derzeit noch nicht geklärt. Auch können weitere Elektrolytstörungen, wie ein Magnesiummangel, bei längerer Einnahme entstehen. Leider tritt beim Absetzen der Medikamente sehr oft eine Symptomverstärkung auf, so dass in der Regel die Dosis über die Zeit gesteigert wird.

Die Alternative: Eine Wiederherstellung des Ventilmechanismus zwischen Speiseröhre und Magen

Falls die Gabe von Medikamenten keine Besserung herbeiführt, eine lebenslange Einnahme nicht gewünscht, die Einnahme wegen galligem Reflux oder größerer Flüssigkeitsmenge nicht sinnvoll ist, kann die Wiederherstellung des „Ventils“ zwischen Speiseröhre  und Magen erfolgen. Die Speiseröhre mündet normalerweise in einem spitzen Winkel in den Magen. Das hat zur Folge, dass bei vollem Magen Druck auf die Speiseröhre ausgeübt wird und zwar von der Seite. Dadurch wird die Speiseröhre verschlossen und ein Rückfluss aus dem Magen in Richtung Mund wird selbst dann verhindert, wenn man auf dem Kopf steht. 

Wenn eine Refluxkrankheit vorliegt, ist diese spitzwinklige Einmündung in der Regel aufgehoben, schlimmer noch, es liegt oft ein gleichzeitiger Zwerchfellbruch vor, der die Refluxerkrankung noch weiter unterstützt. Diese Veränderungen können bis zu einer Verlagerung eines großen Teils des Magens oder sogar des ganzen Magens in den Brustkorb reichen. Diese Zwerchfellbrüche treten ohne äußere Ursache auf und sind mit zunehmendem Alter häufiger. Gelegentlich findet sich ein solcher Bruch auch zufällig bei einer Magenspiegelung oder einer Bauchspiegelung aus anderer Ursache. Diese Zwerchfellbrüche ohne Beschwerden haben keinen Krankheitswert.

Der spitze Winkel zwischen Magen und Speiseröhre kann operativ wiederhergestellt werden. Dazu bildet man seit vielen Jahren eine Schlinge aus Magengewebe, die um die Speiseröhre gelegt wird (Fundoplikation). Mit der Schlinge wird gleichzeitig der  Winkel hergestellt und eine Einengung der Speiseröhre geschaffen, so dass der Reflux in den meisten Fällen zuverlässig vermieden werden kann.  Zusätzlich wird der fast immer bestehende Zwerchfellbruch durch Nähte oder eine Kinsstoffnetzeinlage verschlossen.

Leider treten postoperativ recht häufig Nebenwirkungen auf, da aufgenommene Luft nicht mehr ausge-„rülpst“ werden kann und so ein unangenehmer Druck auf den Magen entstehen kann. Auch das Erbrechen, manchmal  notwendig, wird durch die Manschettenanlage in einigen Fällen verhindert, was das Druckgefühl verstärken kann.

Die Lösung heißt Hemifundo­plikation

Die Nebenwirkungen der Fundoplikation sind weniger häufig und auch weniger ausgeprägt, wenn die Schlinge die Speiseröhre nicht komplett umschließt (Hemifundoplikation). Die folgenden Methoden werden in unserer Klinik angewendet, um die Nachteile der kompletten Umschlingung der Speiseröhre zu verhindern.

Bei Vorliegen eines großen und nur unter Spannung zu reparierenden Zwerchfellbruchs wird eine Schlinge aus Magenwand von hinten teilweise um die Speiseröhre gelegt, nachdem der Zwerchfellbruch verschlossen wurde. So  ist eine eventuell verbleibende Lücke im Zwerchfell oder eine unter Spannung stehende Naht gleichzeitig sehr gut durch den Magen abgedeckt. Im Ergebnis der Operation ist der oben beschriebene spitze Winkel wieder hergestellt und die Speiseröhre im vorderen Bereich bleibt frei und kann sich bei Bedarf ausdehnen, so dass weniger Probleme aus einer Einengung der unteren Speiseröhre entstehen können.

Wenn die Zwerchfelllücke völlig problemlos verschließbar ist, wird die Schlinge aus Magenwand  von vorn auf die Speiseröhre gelegt und zusätzlich mit einer Naht am Zwerchfell befestigt. Auch bei dieser Methode gilt, dass der Winkel zwischen Speiseröhre und Magen wieder hergestellt wird. Nach Beendigung der Operation bleibt ein noch größerer Anteil der Speiseröhre frei und die postoperativen Beschwerden sind noch geringer, weil sich Magen und Speiseröhre fast in der natürlichen anatomischen Lage befinden.

Beide Operationsmethoden führen wir routinemäßig durch und haben vor allem gute und sehr gute Operationsergebnisse erzielt, vor allem wenn man beachtet, dass in der Regel Patienten zu uns kommen, die mit der medikamentösen Behandlung unzufrieden sind.

Selbstverständlich werden beide Operationsverfahren minimalinvasiv durchgeführt, das ist in einem Referenzzentrum für minimalinvasive Chirurgie auch nicht anders zu erwarten. Vier bis fünf  kleine Schnitte sind nötig, um die Kamera und die Instrumente einzuführen und  im Oberbauch die beschriebenen Operationsschritte fertigzustellen. Die Operationen dauern etwa eineinhalb Stunden und werden in Vollnarkose durchgeführt.

Nach der Operation dauert der Aufenthalt auf der Station zwei bis fünf Tage. Die Dauer ist davon abhängig, wie schnell eine normale Nahrungsaufnahme möglich ist. Ab dem Operationstag gibt es übrigens schon Joghurt, Suppe und Weißbrot.

Die Nachbehandlung ist nicht aufwendig

In den ersten drei bis vier Wochen sind noch leichte Anpassungsstörungen des Verdauungstraktes zu erwarten.

Sodbrennen oder Refluxsymptome haben nach der Operation nur noch sehr wenige zu ertragen. Neun von zehn Personen sind ohne Medikamente beschwerdefrei. Eine spezielle Nachbehandlung oder Nachbeobachtung ist nicht notwendig.

Komplikationen der Refluxerkrankung können vermieden werden

Die Komplikationen der Refluxerkrankung sind langfristig schwerwiegend. Die Entwicklung eines chronischen Asthmas durch das Einatmen der Magenflüssigkeit ist problematisch, da die Veränderungen im Gewebe der Lunge auch nach Beendigung des auslösenden Reizes nicht rückgängig zu machen sind und zusätzlich zur Behandlung der Refluxkrankheit eine andauernde medikamentöse Behandlung der Lunge notwendig ist.

Eine zweite schwere Komplikation ist die Entwicklung eines Speiseröhrenkrebses. Dieser entsteht aus der ständigen Entzündung bei Reflux. Durch die langandauernde Aktivierung  des Gewebes kommt es nach Jahren der Entzündung in etwa einem Prozent der Erkrankten zu einer bösartigen Veränderung  der unteren Speiseröhre , dem Speiseröhrenkrebs am Übergang zum Magen. Diese bösartige Erkrankung wird meist spät entdeckt, da im Frühstadium kaum Beschwerden auftreten. In späteren Stadien ist die Erkrankung aber sehr schwer heilbar. Die beste Vorsorge ist, eine solche Komplikation nicht erst entstehen zu lassen.

Die optimale Behandlung einer Refluxerkrankung ist notwendig, um die Erkrankung zu lindern und Komplikationen zu vermeiden.

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